GQ 8 / 2000  Interview
INTERVIEW
So sieht ein erfolgreicher Wirtschaftsanwalt aus: Designeranzug, keine Krawatte, Adidas-Sneekers mit offenen Schuhbändern. Zu seinen Mandanten zählen die ersten Adressen aus der Bankbranche und von Energieversorgern

Biographie
1962 in Hamburg geboren, 1981 Abitur in Bremen. Im selben und im Jahr darauf EM- und WM Teilnehmer im Segeln (Laser-Klasse). 1982 Beginn des Jurastudiums in Hamburg, nach 12 Semestern bereits Staatsexamen. 1989 Niederlassung als Rechtsanwalt in Hamburg, mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht. Joachim Steinhöfel ist ledig, lebt in Hamburg und hat eine feste Freundin.

Ihre Schnürsenkel sind offen. Sind Sie zu faul zum Binden oder Buddhist?
Weder das eine noch das andere. Obwohl: Buddhismus, das ist schon eine Religion mit interessanten Ideen. Und ihre Schuhe tragen die Mönche auch offen, das ist einfach bequem. Insofern bin ich Buddhist. Aber das gilt nur bis acht abends, anschließend gehe ich joggen, da sind die Schnürsenkel dann zu.
Sonst noch sportliche Aktivitäten?
Ja: segeln und Workout
Und der Baseballschläger in der Ecke?
Hat nichts mit Sport zu tun. Den habe ich vor ein paar Wochen angeschafft, nachdem ein Kamerateam von Stern-TV ohne Voranmeldung hier hereingeplatzt ist, eine meiner Mitarbeiterinnen zur Seite gestoßen und über die Schreibtische gefilmt hat. Das wird mir nicht noch einmal passieren.

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Joachim Steinhöfel
den Typ kennen wir doch? Mooooment, das ist doch der rasende Reporter aus der Media-Markt-Kampagne. Genau. Aber der Mann ist mehr als nur eine Werbe-Ikone: Wirtschaftsanwalt, Fernsehmoderator und neuerdings auch Schlagersänger

blick über Außenalster mit Skyline von Hamburg, hohe weiße Wände, Stuck an der Decke. Ein Designerschreibtisch von Tischtennisplattengröße plus Chaos in Form von Schriftverkehr, dahinter ein greller neuer Wilder an der Wand: Das ist das Wirkungszentrum von Joachim Steinhöfel, ziemlich erfolgreicher Rechtsanwalt, ziemlich bekannte Media-Markt-Werbenase ("20!! Mooooment"), mit "Ich bin doch nicht blöd" mittlerweile auch Schlagerstar. Er empfängt uns im anthrazitgrauen Anzug zu Adidas-Schuhen mit offenen Schnürsenkeln, hinter der Tür lehnt ein Baseballschläger, am Empfang hängt ein Poster: Text: "Jetzt macht das Arschloch auch noch eine CD"

>>   Sie sind also doch aggressiv. Wie in der Media-Markt-Kampagne. Mancher hält sie deshalb für ein Riesenarschloch.
Man muss auch abweichende Meinungen tolerieren. Besser eine Kampagne polarisiert, als dass sie kalt lässt. Wegen Miracoli kräht doch kein Hahn. Außerdem gibt es Menschen, denen Humor abgeht.
Und Sie haben Humor?
Zumindest jede Menge Selbstironie. Haben Sie das Poster am Empfang gesehen: "Jetzt macht das Arschloch auch noch eine CD". Das ist meine Art mit Kritik umzugehen. Aber auch ein Zeichen von Selbstdistanz.

"Ich weiß, manch humorloser Typ hält mich für ein Arschloch. Da kann ich nur kontern: Jetzt macht das Arschloch auch noch eine CD"

Seit "18:30", Ihrer Pöbel-Show auf RTL, geltend Sie als einer mit ganz großem Maul.
Als Großmaul im Sinn von prahlerisch möchte ich mich nicht bezeichnet wissen. Mit dem "großen Maul" kann ich gut leben. Wenn jemand wie ich Spaß an der Rethorik hat und sich intelligent auseinandersetzen kann, schmeißt man ihm gern ein großes Maul vor. Fast schon ein Kompliment.
Das sich nicht nach Beliebtheit anhört.
Ein Anwalt, der mit harten Bandagen kämpft, ist nicht bei allen beliebt. Es interessiert mich auch denkbar wenig, beliebt zu sein. Ich möchte, dass mich mir nahestehende Menschen mögen und dass meine Mandanten von meiner Arbeit überzeugt sind.
Ihre Freundin quasseln sie regelmäßig zu?
Keineswegs, das hält sich die Waage. Ich könnte mit keiner Frau zusammensein, die ich niederquasseln kann. Beziehungen funktionieren nur, wenn sie gleichgewichtig sind. Meine Freundin kann mich vor allem sehr intensiv anblicken, das macht mich dann kleinlaut.
Was ist als Anwalt Ihr Fachgebiet?
Wettbewerbs- und Urheberrecht.

"Meine Mandanten schätzen meine Arbeit. Die stört es nicht, wenn ich schräge Sachen mache"

Und das prädestiniert auch für die Werbung.
Es bestehen durchaus Zusammenhänge. Ganz am Anfang meiner Anwaltskarriere hat ein Media-Markt-Geschäftsführer angefragt, ob ich einen Wettbewerbsfall übernehmen kann. Spontan und fast wahrheitswidrig habe ich ja gesagt. Die Sache war ziemlich spektakulär.
Um was ging es da?
Es ging um die Frage, ob bestimmte Kopplungsgeschäfte legal sind. Ein Anbieter verkauft ein Handy mit 10 Mark weit unter dessen tatsächlichem Wert und nur in Verbindung mit einem Telefonvertrag eines Netzbetreibers.
Das ist doch Usus.
Heute ja, weil wir bis vor das Bundesverfassungsgericht gegangen sind und gewonnen haben. Seitdem sind die Media-Märkte der Reihe nach meine Mandanten geworden.
Und wer noch?
Aktuell sind ein führendes Geldinstitut und ein großer deutscher Energieversorger dazugekommen. Bei ihm liegt der Fall ähnlich: Daß ein E-Werk Kühlschränke günstig verkaufen und im Gegenzug Stromverträge abschließen.
Sie haben uns immer noch nicht erklärt, wie es zu Ihren Werbeauftritten kam.
Ich habe während meines Studiums beim Privatrundfunk gejobbt: Nachrichten lesen, Fußball kommentieren, Musiksendungen moderieren. Und ich hatte Fernseherfahrungen mit RTL. Als die "Gut, dass wir verglichen haben"-Kampagne entwickelt wurde, kam Media Markt auf mich zu. Ich habe wohl genau der Besetzungsvorstellung der Agentur entsprochen.
Wie reagieren ihre Mandanten auf den Zwitter aus Werbeclown und Anwalt?
Bei ihnen zählt die Qualität meiner Arbeit. Ob ich schräge Werbung mache oder eine CD aufnehme, interessiert sie nicht. Es mag sein, daß es Unternehmen gibt, die mein Auftreten als Hinderungsgrund für eine Zusammenarbeit sehen. Ich für mich erkenne in dieser Haltung ebenso einen Hinderungsgrund.
Wie wirken Sie auf Ihre Hamburger Kollegen. Gelten Sie da als Szenekasper?
Für den Szenekaspar sehe ich keine Anhaltspunkte. Ich sehe nur Anhaltspunkte, dass ich als Anwalt ziemlich erfolgreich bin, dass ich eine Vielzahl von spektakulären Prozessen gewonnen habe. Ich sehe also nur Neid in der Reaktion mancher Leute, wenn sie über meine sonstigen Aktivitäten auf meine juristische Qualitäten zu schließen versuchen.

Vielleicht auch Irritation. Einen Anwalt stellt man sich landläufig etwas anders vor.
Ich lasse mich nicht vom Berufsbild des Anwalts mein ganzes Leben lang festnageln. "Als Anwalt hat man so und so zu sein" - diesen Satz will ich für mich nicht gelten lassen. Ich will mir den tierischen Spaß nicht nehmen lassen, in der Werbung aufzutreten. Paolo Conte ist auch Anwalt und singt. Wer da die Nase rümpft, ist für mich einfach spießig.
Wieviel Ihrer Zeit gehört dem Entertainer Steinhöfel und wieviel dem Anwalt?
75 zu 25 Prozent zugunsten des Anwalts.
Wird demnächst der Entertainer den Anwalt aufgrund des größeren Erfolgs auffressen?
Das wird nicht passieren. Ich bleibe Anwalt und werde mich nicht auf eine Karriere als Entertainer festlegen. Wir schauen uns Guildo Horn an, mit dem ich mich keinesfalls vergleichen möchte: Ein, zwei Hits, dann ist man wieder weg aus den Charts. Und dann? Anwalt sein macht mir ja richtig Spaß. Ich will möglichst viele Dinge machen, die eigentlich gar nicht zusammenpassen.
Das hört sich nach neuen Projekten an.
Im Herbst beginne ich mit Til Schweiger und Heiner Lauterbach die Dreharbeiten zu einem Kinofilm.

 

Interview Heiner Uber


Von Dezember ´94 bis September ´95 Die Redaktion bei RTL 2, währenddessen Ausbau der Anwaltskanzlei. Zu Steinhöfels Mandanten zählen Großkonzerne aus dem Bank- und Energiebereich sowie der Media Markt. 1995 Übernahme des Mandats als Aufsichtsratsvorsitzender der TopWare CD-Service AG, Mannheim. 1998 Start der Media-Markt-Kampagne "Gut, dass wir verglichen haben", ein Jahr später folgt "20!! Mooooment". Im Mai 2000 kommt seine erste CD "Ich bin doch nicht blöd" auf den Markt.
Karriere Noch während des Jurastudiums Beginn seiner Medienkarriere als Redakteur bei Radio Schleswig-Holstein, 1987 ständiger freier Moderator bei RSH, im Sommer/Herbst ´93 Moderator der RTL-Sendung Kreuzfeuer, Anfang bis Mitte ´94 Moderator von 85 Live-Sendung von 18:30 auf RTL.

© GQ 8/2000
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