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Der Hamburger Anwalt Joachim Steinhöfel tanzt auf vielen Hochzeiten - meist im medialen Rampenlicht | |||||
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| Kein Zweifel, wer hier der Herr im Hause ist: Von allen Wänden blickt er dem Besucher ins Auge - mit seiner berühmten Arsch-mit-abstehenden-Ohren-Visage und ihrer ganz besonderen Mischung aus persiflierender Arroganz und provozierender Penetranz. Joachim Steinhöfel feilt auch in den Räumen seiner Hamburger Anwaltskanzlei am öffentlichen Profil, doch das Augenzwinkern dabei sieht man nicht auf den Mediamarkt-Plakaten - dem einzigen Wandschmuck. Seit 1991 vertritt Steinhöfel die Handelskette, und seit 1998 blickt er für die Kölner vorsätzlich debil-dämonisch auch als Werbetestimonial in die Kameras. "Gut, daß wir verglichen haben" - dieser längst in den Volkswortschatz implantierte Satz ist kaum vorstellbar ohne Steinhöfels schnarrende und schneidende Stimme. Auch mit der aktuellen TV-Kampagne ("Shoppen statt Poppen") sorgt der 37-jährige als nassforscher Reporter für einen Interuptus in der Werbeinsel. Medien-Mann war Steinhöfel bereits vor seiner Zeit als Mediamarkt-Mann: Redakteur bei Radio Schleswig-Holstein, Talkmaster der RTL-Call-in-Show "18:30" ("Pöbel-Steini") und moderierende Chefreporter Karikatur im RTL-2-Boulevardmagazin "Die Redaktion". Seine Performance als Anwalt in eigener und fremder Sache - Spezialgebiet Wettbewerbsrecht - ist oft spektakulär, er hat eine CD herausgebracht und wird als Schauspieler vor der Kamera stehen. "Ich mache gerne tausend Dinge, die nicht zueinander passen", sagt der Advokat: "Es gibt kein Gesetz, das einem Juristen ein Spießerdasein vorschreibt", und ungeschriebene Gesetze - "eine selbst auferlegte Moral oder so dummes Zeug" - beachtet er erst gar nicht. Steinhöfel, der Anwalt des Hedonismus: "Das Dasein als Werbefigur und meine anderen Parallelexistenzen machen mir volle Pulle Spaß." Doch natürlich denkt er differenzierter, als es dieses berufsjugendliche Statement vermuten ließe. Man lerne neue Welten kennen - und erfahre sich selbst: "Es ist spannend zu erleben, wie die Medien funktionieren und wie man selbst in der Öffentlichkeit wirkt." Wie wichtig ist ihm Publicity? Zunächst amüsiert er sich über den pseudo-psychologischen Impetus der Frage, dann räumt er Egozentrik ein: "Man muß sich schon selbst gefallen bei solchen Aktionen." Steinhöfel gilt als Kotzbrocken, als eiskalter Anwalt, als Arschloch. Dabei ist er tolerant: "Wenn mich jemand nett findet, stört mich das nicht." Daß er das Image des Unsympathen pflegt, mag er so nicht bestätigen. Doch wie sonst ist es zu erklären, daß Steinhöfel seine minimalmusikalische neue CD mit dem Claim "Jetzt gibt's von dem Arschloch auch noch 'ne CD" bewirbt? "Die meisten Menschen, die mich persönlich kennenlernen, finden mich ganz sympatisch", glaubt der Hamburger. |
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Wohl fühlt er sich in der Welt der Werbung. "Das ist eine besondere Art von Spiel: Schnell, kreativ, lustig und spannend." Als Anwalt müsse man hier fünfmal schneller agieren als anderswo. Klar, daß er vergleichende Werbung mag und ihren zögerlichen Einsatz bedauert. "Sie ist jedoch nur für Angreifer sinnvoll, um beim Marktführer Schwächen herauszupicken." Gut gefällt ihm etwa der "Lätta"-Spot - "wohl wegen der hübschen Frau, da wäre ich gerne dabei". Natürlich nur, wenn dies seine Wirkung als Mediamarkt-Testimonial nicht tangieren würde. Mit den Kölnern verbindet ihn "ein mehr als rationales Geschäftsverhältnis". Die erste Kampagne ("Gut, daß wir verglichen haben") hält er für "eine der besten der letzten Jahre" - das Lob geht an die damalige Agentur For Sale, München. Mit dem Etatwechsel zu Weber, Hodel, Schmid in Zürich hat er keine Probleme: "Das ist Wettbewerb." Seine ungestützte Bekanntheit schätzt er auf 60 Prozent. Man tue gut daran, weiterhin mit diesem Pfund zu wuchern. Steinhöfel sagt, "meine Bekanntheit", nicht die seiner Rolle. Dennoch könne er damit leben, würde er als Testimonial ausgemustert. Nach Niederlagen versucht Steinhöfel nicht in Selbstmitleid zu verfallen, sondern "aus der Abneigung dagegen Energien zu seiner Überwindung zu entwickeln". So vor wenigen Wochen, als der BGH die Sammelklagen des Mediamarktes gegen Mitbewerber für rechtsmißbräuchlich erklärt hat: "Ich bin der festen Überzeugung, daß diese Entscheidung falsch ist." Schade, daß der BGH die letzte Instanz ist - denn Steinhöfel, der Menschen bewundert, die unter extremen Druck die Nerven behalten, will stets seine Ziele durchsetzen. Vor dem BGH ist ihm das bisher auch zu 70 Prozent gelungen. Um womöglich in der "Lätta"-Werbung mit Waschbrettbauch noch besser zu wirken, greift der ehemalige Segel-WM-Teilnehmer vor seinen täglichen Runden um die Alster zu Fettverbrennungs-Beschleunigern. Denn er verneigt sich nicht nur oft in Ehrfurcht vor seinem Werk - so ein beliebter Steini-Spruch -, sondern treibt auch sonst ehrgeizig viel Sport. "Dabei lerne ich, Grenzen zu überwinden", sagt er und schaut zur Käpt'n Blaubär-Figur, die ihm seine Freundin geschenkt hat: "Weil ich immer solche Geschichten erzähle." Roland Pimpl |
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| Vor diesem Hintergrund hegt er jedoch keine Befürchtungen, die Marke Steinhöfel könnte Schaden nehmen, wenn allzu viele Menschen den wahren, wachen, witzigen und höflichen Steini erleben: "Dann denke ich mir eben was Neues aus." Kulturpessimistische Zweifel an seinem CD-Projekt und den Schauspielrollen in einem Kurzfilm und einer Action-Komödie - neben Kollegen wie Heiner Lauterbach und Til Schweiger - begegnet Steinhöfel mehr selbstironisch als selbstbewußt: "Als Künstler muß man seinem Publikum etwas zu sagen haben, und daran ist ja wohl nicht zu zweifeln." Distanz zu sich selbst - für ihn ein Zeichen für Souveränität, aber nicht der einzige gewünschte Kern des Labels Steinhöfel. "Ich bin jemand, der Klartext redet, auch wenn ich mir dabei eine blutige Nase hole." Tatsächlich muß er bisweilen einstecken: Steinhöfel hat den Hass der gesamten Web-Gemeinde auf sich gezogen, als er für die Mannheimer Software-Schmiede Topware in großem Stil und mutmaßlich mißbräuchlich Domains sicherte, um beim Weiterverkauf Kasse zu machen. Einen deutschen Internet-Bastler, der auf seiner Homepage einen Link zu einer ausländischen Steinhöfel-Ulk-Page gelegt hatte, verklagte er - letztlich erfolglos - auf 100000 Mark. "Über sich lachen zu können, bedeutet nicht, strafrechtliche Verunglimpfung zuzulassen", sagt er. Häme hat er geerntet, als ein oberlustiges Kamerateam von "Stern-TV" sich mit Gewalt Zutritt zu seiner Kanzlei verschafft und seine Sekretärin verletzt habe. Starke Nerven braucht Steinhöfel in diesen Tagen: Die Telekom hat ihn für Topware, das unter dem Label "D-Info" Telefonbücher abgeschrieben und auf CD-Rom billig verkauft hat, gesamtschuldnerisch auf insgesamt 16 Millionen Mark verklagt - mit der Begründung, daß er dort nicht nur als Anwalt und Aufsichtsrat fungiere, sondern wegen seines Auftritts als Testimonial auf dem CD-Rom-Cover eine engere Bindung zum beklagten Unternehmen unterhalte. "Die wollen mich wirtschaftlich ruinieren", empfindet Steinhöfel. Ein dummes und wenig Erfolg versprechendes Motiv, meint er - ihm selbst sind gegnerische Akteure stets zu unwichtig für starke Gefühle. |
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© HORIZONT 2000 |
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